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Die Corona-Pandemie und vor allem die beiden Lockdowns haben in den vergangenen Monaten einem Phänomen Vorschub geleistet, welches unter Juristen und in den Personalabteilungen mit den Begriffen Telearbeit und mobiles Arbeiten umschrieben wird. In der angelsächsischen Literatur ist hingegen von agile bzw. flexible working (agiles bzw. flexibles Arbeiten) oder noch konkreter von remote working (Distanzarbeit) bzw. Work From Home WFH (Heimarbeit) die Rede, während das Phänomen in Deutschland landläufig unter dem Schlagwort Homeoffice bekannt ist. Häufig genug wird zwar dasselbe gemeint, genauer betrachtet verbergen sich hinter den unterschiedlichen Begriffen aber sehr unterschiedliche Perspektiven und Abgrenzungen.
Die allgegenwärtig besondere Arbeitssituation des Work from Home in der Covid-19-Pandemie hat die physische Organisation der Arbeit bei allen Bürobeschäftigten derart zentral in den Fokus gerückt, wie es bislang nicht vorstellbar war. Vorstandsvorsitzende der Konzerne werden ebenso am Frühstückstisch von ihren Kindern mit ihrer neuen Arbeitssituation konfrontiert, wie Abteilungsleiter von ihrem Team in der virtuellen Mittagspause oder Berufsanfänger im Briefing mit ihrem Ausbilder am Nachmittag. Das wichtigste Learning aus der Pandemiezeit für alle, nicht nur für die Leser dieser Studie, lautet: Die Arbeitszufriedenheit und der Arbeitserfolg hängen ganz maßgeblich vom physischen Arbeitsplatz ab. Das Work from Home verändert nicht nur die Arbeits- sondern vor allem auch die Lebenswelten weit stärker als gedacht. Insbesondere die Vielschichtigkeit der gesellschaftlichen Betroffenheitssituationen ist überraschend.
Bei der Beurteilung der Erfahrungen mit dem Homeoffice muss grundsätzlich zwischen drei Perspektiven unterschieden werden, welche auf die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter einwirken: der unternehmens-, gesundheitsorientierten, und individuell-psychologischen Perspektive.
Wenn es um Arbeit geht, dann tendieren die meisten Menschen dazu, die Unternehmensperspektive allen anderen Belangen überzuordnen, frei nach dem Prinzip: Wer zahlt, bestimmt. Dies war sicherlich in der Vergangenheit vielerorts der Fall. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt allerdings maßgeblich verändert.
Erfreuten sich bis weit in die 90er Jahre viele Unternehmen eines Überhangs an Arbeitssuchenden am Arbeitsmarkt, so drehte sich dieser mit dem allmählichen Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer und Generation X hin zu einem Fachkräftemangel. Dies versetzte die Arbeitnehmer in die Position, eine Verbesserung der gesundheitlichen Arbeitsbedingungen und eine Verringerung des Workloads einzufordern, weshalb die gesundheitliche und die individuell-psychologische Perspektive inzwischen gleichberechtigt behandelt werden müssen.
Die beiden Lockdowns haben sicherlich dazu beigetragen, eine Neubewertung des Themas Homeoffice bzw. mobiles Arbeiten in den Unternehmen vorzunehmen. Eine KPMG-Umfrage im Sommer 2020 unter 315 Unternehmensentscheidern globaler Konzerne mit einem Jahresumsatz über 500 Mio. USD ergab, dass 69 % der CEOs darüber nachdenken, ihre Büroflächen zu reduzieren und dafür die Nutzung von digitalen Kollaborationstools (77 %) auszubauen; schon allein, um durch Remote Working ihren Zugang zu Fachkräften weltweit auszubauen.
Die Erfahrungen mit dem Homeoffice waren oftmals deutlich besser ausgefallen als erwartet. So wurden während des 1. Lockdowns bei Apple, Amazon, Google, Microsoft, Twitter und Facebook in den USA 100 % der Belegschaft ins Homeoffice geschickt. In Deutschland wagten lediglich Henkel und SAP diesen Schritt. Bei BMW, der Deutschen Bank, Beiersdorf und der Allianz waren es zwischen 60 % und 75 % der Beschäftigten, die im Homeoffice arbeiten durften. Bei Adidas waren es 50 %, bei Bayer 40 % und bei BASF und Siemens sogar nur 25 % bis 30 %. Selbst vier Monate nach der Lockerung waren bei der Deutschen Bank in Frankfurt erst ein Drittel der Angestellten ins Büro zurückgekehrt, bei der Commerzbank etwa die Hälfte. Bei der Credit Suisse war bis dahin weltweit erst jeder Fünfte Mitarbeiter ins Büro zurückgekehrt. Dies weckt Begehrlichkeiten. Wenn so viele Monate des Homeoffices ohne negative Auswirkungen für den Geschäftsbetrieb waren, warum dann nicht gleich einen Großteil der Belegschaft ins Homeoffice beordern und die Kosten für Büros und Nebenkosten reduzieren? Ganz nebenbei ließe sich dadurch der CO2-Ausstoß wegen des Wegfalls des Arbeitswegs deutlich verringern.
Bevor die Belegschaft allerdings ins Homeoffice geschickt wird, gilt es vorab für jedes Unternehmen zu analysieren, welche Tätigkeiten sich grundsätzlich für agiles Arbeiten eignen, ob die geeigneten technischen Voraussetzungen vorhanden sind und ob man über das geeignete Personal, Führungskräfte wie auch Fachkräfte, für einen solchen Schritt verfügt.
Der Weg zum zeit- und ortsungebundenen flexiblen Arbeitsplatz ist in Deutschland noch lang, wie die Sichtung zahlreicher Studien zum Homeoffice oder flexiblen Arbeiten zeigen.
Hinsichtlich der Homeoffice-Nutzung zählt Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa, bestenfalls zum Mittelfeld. Deutliche Defizite gibt es diesbezüglich bei der Öffentlichen Hand. Aber selbst Branchen, in denen flexibles Arbeiten bereits vor Corona vergleichsweise unkompliziert hätte umgesetzt werden können, wie bspw. im Finanzsektor und selbst in der IT-Branche, hinken noch deutlich Ländern wie den Niederlanden oder Schweden hinterher. Zu hoch waren bisher die Vorurteile seitens der Arbeitgeber, aber auch der Arbeitnehmer.
An dieser Einschätzung hat sich seit Ausbruch der Pandemie viel geändert. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer konnten während der erzwungenen Lockdowns ihre ersten Erfahrungen mit dem Homeoffice oder flexiblen Arbeiten sammeln und ihre Vorurteile abbauen.
Homeoffice wird zwar überwiegend positiv bewertet, ist aber kein Selbstläufer. Neben rein technischen Herausforderungen sind es in der Regel vor allem die kulturellen Hürden, denen begegnet werden muss. Eines steht bereits zu diesem Zeitpunkt fest: Das Homeoffice dürfte nach der Pandemie zu einem wesentlichen Bestandteil des Work Designs vieler Unternehmen werden. So haben die Unternehmen einerseits festgestellt, dass der befürchtete Produktivitätsverlust ausblieb, andererseits sind viele Bürobeschäftigte erstmals in den Genuss gekommen, von zuhause aus arbeiten zu dürfen, und haben so auch die Vorteile des Homeoffice kennengelernt.
Dieses Vertrauen und die neu gewonnene Flexibilität möchten die meisten auch nach der Pandemie beibehalten. Dadurch entwickelt sich die Möglichkeit des mobilen Arbeitens auch als Vehikel zur Mitarbeiterrekrutierung bzw. Mitarbeiterbindung. Grundsätzlich werden flexible Arbeitgeber von den Mitarbeitern als attraktiver wahrgenommen als solche mit reinem Büroarbeitsplatz.
Die neue Art der Zusammenarbeit bedarf allerdings fester Regeln und Prozesse, damit sie sich am Ende nicht ins Gegenteil verkehrt. Auch sollte sie vertraglich geregelt sein, um keine Fragen offen zu lassen. Vor allem sollte die Arbeit im Homeoffice auf Freiwilligkeit beruhen. Denn auch wenn die Mehrzahl der befragten Arbeitnehmer dem Homeoffice positiv gegenüber eingestellt sind, bleiben da immer noch 20 bis 25 % der Befragten, die eher negative Erfahrungen während des Lockdowns gesammelt haben.
Nicht nur können nicht alle Tätigkeiten im Homeoffice verrichtet werden, sondern auch die Lebensphase und die Wohnverhältnisse sind ausschlaggebend für den Arbeitserfolg und die Zufriedenheit der Mitarbeiter. So benötigen Berufseinsteiger die Einweisung und soziale Interaktion im Büro, um sich einzuarbeiten und ihr eigenes Netzwerk zu bilden. Singles droht im Homeoffice nicht selten die Isolation, wohingegen in Familien mit kleinen Kindern häufig ein ungestörtes Arbeiten nicht möglich ist. Nicht zuletzt fehlt es häufig an einem geeigneten Arbeitszimmer oder der technischen Ausstattung. Dies zeigt, dass der Büroarbeitsplatz auch in Zukunft von Bedeutung ist.
Das Homeoffice-Privileg wird zum neuen Statussymbol und erhöht das Risiko sozialer Unausgewogenheit. Gleichzeitig erhöht es den Druck auf die Arbeitgeber, die Büronutzer bei der Arbeitsplatzgestaltung stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Der Büroarbeitsplatz muss sich künftig besser an den tatsächlichen Aktivitäten und den Bedürfnissen der Mitarbeiter ausrichten. In ein schlechtes Büro kehrt niemand gern zurück.
Die vollständige Ergebnisbericht der Home-Office-Studie der TU Darmstadt steht hier kostenlos zum Download für Sie bereit.
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