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MIMO Haus

Solar Decathlon Europe 2021/22

Ein Versuchsgebäude der Hochschule Düsseldorf für Nachhaltiges Bauen im Rahmen des Solar Decathlon Europe und des Living Lab NRW

Lesedauer: 8 Minuten
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Schaffen von Wohnraum, Nachverdichtung, Bestandserhalt, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit, Baustoffökologie und der gebäudenahe Einsatz erneuerbarer Energien – längst gehören diese Themen auch bei uns im Unternehmen zum Daily Business. Mit dem „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG)“ etabliert die Bundesregierung nun einen Standard, der eine klimapolitisch ambitionierte, ganzheitlich orientierte Förderung für Neubau und Modernisierung von Gebäuden fokussiert. Die Ergänzung der Anforderungen zur gültigen „Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG)“ verstärkt bisherige Ansprüche an klimagerechtes Bauen und stellt mittels der Bewertung von u.a. Treibhausgasemissionen, Primärenergiebedarf und Materialeinsatz die Effizienz, Konsistenz und Suffizienz von Gebäuden erstmals gleichsam nebeneinander. Als Art-Invest Real Estate sind wir natürlich sehr daran interessiert, Prozesse zu etablieren und Lösungen zu finden, um all diesen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden.

MIMO Innen Küche

Der internationale Hochschul-Wettbewerb „Solar Decathlon Europe 2021/22“ hat die oben genannten sowie weitere Anforderungen bereits im Jahr 2019 an teilnehmenden Hochschulteams übergeben und energieautarke Konzepte zur urbanen Nachverdichtung in Holzbauweise als Aufgabe formuliert. Das Team MIMO der Hochschule Düsseldorf stellte im Wettbewerbsfinale im Juni 2022 einen Lösungsentwurf vor, der die Themen aufnahm und stets konsequent umsetzte. Vor allem eine nahezu leimfreie Bauweise auf Basis von ökologischen Materialien wie Holz, Lehm und Kork sowie der stete Verzicht auf nicht lösbare Verbindungen im Sinne des kreislaufgerechten Bauens waren Schwerpunkte des Versuchsgebäudes.

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Das unter dem Leitsatz „Minimal Impact – Maximum Output“ (kurz MIMO) entwickelte Konzept zur urbanen Nachverdichtung des Teams MIMO soll eine Blaupause für das Schaffen zusätzlichen Wohnraums (im Wuppertaler Gründerzeitquartier Mirke) darstellen und gleichzeitig nachhaltiges und gemeinsames Leben in Quartier forcieren. Die Basis für den Entwurf stellt ein ehemaliges Lagerhaus aus dem Jahr 1905, welches aktuell als Café betrieben wird. Anstatt dieses rückzubauen, sieht das Konzept eine Sanierung und Aufstockung vor. Letztere basiert auf der Prämisse des modularen Bauens und umfasst vier Etagen in Form von 26 aufeinander gestapelten, vorgefertigten und leimfreien Massivholz-Modulen, welche 15 Wohnungen und darin Platz für bis zu 33 Personen schaffen.

MIMO Haus Frontansicht

Digitale Planungs- und Produktionstechniken ermöglichen dabei ein konsequent nachhaltiges Nutzungs-, Material- und Designkonzept, geringe Bauzeiten und demnach eine Minimierung der mit dem Bau verbundenen Emissionen vor Ort. Der private Wohnraum ist äußerst komprimiert gehalten und steht dem steten Wachstum an privater Wohnfläche in Deutschland entgegen. Einerseits bedient dies die lokale Nachfrage nach kleinen Wohnungen als Alternative zu den mehrheitlich großen Wohnungen im Quartier. Andererseits wird die Suffizienz als Maxime vorausgesetzt (pro Person stehen rund 20 m² Wohnfläche bereit - der Bundesdurchschnitt liegt bei knapp 50 m²). Eine dennoch hohe Wohnqualität und hohe Flächenausbeute basiert auf u.a. multifunktionalem Möbelbau, welcher wiederum den o.g. Prinzipien der Leimfreiheit folgt. Dem Verzicht im privaten stehen gemeinschaftlich genutzte Co-Working-Bereiche, Lounges und ein urbaner Dachgarten sowie gemeinsam genutzte Waschmaschinen und Gästezimmer gegenüber. Diese und deren Kosten teilen sich alle Bewohner*innen im Prinzip des „wer teilt, hat mehr“. Angeordnet werden die Gemeinschaftsbereiche in einer sog. Klimahülle – einer komplett natürlich klimatisierten Pufferzone, die zudem in Ihrer Hülle die Anforderung der Stromerzeugung über Photovoltaik übernimmt.

MIMO Innen 1. OG

Das in Wuppertal 1:1 gebaute Versuchsgebäude der Hochschule Düsseldorf für Nachhaltiges Bauen im Rahmen des Solar Decathlon Europe und des Living Lab NRW beinhaltet die genannten Konzeptschwerpunkte und trägt diese von der Primärstruktur bis in den Möbelbau. Drei umgesetzte Raummodule (2 x Wohnen sowie 1 x Technik) bestehen aus leimfreiem Vollholz-Wand- und Deckenelementen, die auf Basis von CNC-Technik witterungsunabhängig vorproduziert und mittels mechanischer Schraubverbindungen gefügt wurden. Durch das ebenfalls im Werk vorgenommene Einsetzen aussteifender Innenwände in Form Diagonalschalungen konnte beim Versatz und Transport der ca. 8 m langen Wohnmodule in Wuppertal ein inoffizieller Weltrekord erzielt werden: Niemals zuvor wurden vollständig installierte Wohnraummodule aus leimfreiem Vollholz inkl. sämtlicher Inneneinrichtung bis hin zu Küchenmobiliar und sanitärer wie technischer Installation versetzt.

Holzbauweise Innen
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Während Vollholz in der Vergangenheit bereits in einzelnen Wand- und Deckenelemente verbaut wurde, ist die Verwendung für den Modulbau neu, speziell in leimfreier Bauweise. So stellten die komplexen Berechnungen insbesondere der Eckverbindungen und für den Versatz bzw. Transport das Team vor große Herausforderungen. Dem gegenüber standen die Vorteile des Baustoffs Holz: Als nachwachsender Rohstoff bietet Holz in der gesteckten und verkämmten Ausführung eine vollständige Recyclebarkeit, einen natürlichen Wärme- und Feuchteschutz, hohe Luftdichtigkeit und darüber ein gesundes und angenehmes Raumklima. Die die Raummodule umgebende Klimahülle konnte hingegen nicht auf Basis leimfreier Stützen und Träger realisiert werden, da hierzu zwar statische Nachweise und geeignetes Material vorlagen, eine Zulassung im Einzelfall jedoch nicht rechtzeitig erwirkt werden konnte. Die BIM-basierte Planung und maßgenaue Vorfertigung ermöglichen den Aufbau des Gebäudes samt Außenanlagen innerhalb von zwei Wochen. Hierzu trug bspw. auch die Verlegung einer Fußbodenheizung in schwimmender Trockenbauweise bei.

Nachhaltiges System Hand

Die Maxime einer ökologischen und kreislaufgerechten Gesamtkonstruktion setzt sich bis zum eigens entwickelten Mobiliar und Innenausbau fort: die Verwendung ökologischer (bspw. Holz, Lehm, Kork), recycelter (bspw. Mineralwolle, wiederverwendete Holzelemente), unbehandelter (bspw. rohe Sichtholzoberflächen und Oberböden) und wiederverwendbarer (bspw. Alu, Stahl) Materialien gipfelt in einer stets reversiblen Fügung auf Basis des Schraubens, Steckens, Klemmens und Zapfenverbindungen. Letztlich wurden stets Synergien bei der Materialwahl ausgemacht. So erwirken geschraubte Korkplatten als nachwachsendem Rohstoff ohne Zuschlag von Fungiziden und Flammschutzmitteln als Dämmstoff durch seine Offenporigkeit zugleich eine hohe Schallabsorption oder bringt der in Form von Putz, Plattenware oder Steinen eingesetzte Lehm Wärmespeicherung, Feuchteregulierung, Schalldämmung und Schadstofffreiheit ein. Die gemessenen Raumkomfortparameter bestätigen diese Annahmen.

MIMO Haus 2

Auf technischer Ebene koppelt das sog. „energiBUS“-System im Sinne des o.g. Gemeinschaftsprinzips Haushaltsgeräte über eine intelligente Wärmeverteilung mit zentralen Wärmespeichern und der Wärmepumpe. Während Wärme auf einem niedrigen Temperaturniveau der Kühl- Gefrierkombination entzogen wird, steht diese den Wärmeverbrauchern wie Waschmaschine oder Trockner auf einem höheren Temperaturniveau über das Leitungsnetz zur Verfügung. Im Anschlussprojekt Living Lab NRW wird nun geprüft, ob sich dieses System auch im Heizfall bewehrt. Bereits im Zuge des Wettbewerbs und des Monitorings wurde ersichtlich, dass die Steuerung der öffenbaren Hüllflächen der Klimahülle zugunsten der natürlichen Be- und Entlüftung und vor allem passiven Entwärmung funktioniert, die Optimierung hinsichtlich des Solarstromertrags gekippter Elemente aber noch Justierung benötigt. Der Stromertrag von 4.525 kWh/a gleicht den Gesamtstrombedarf von 3.062 kW/a inkl. Nutzerstrom und E-Mobilität in der Jahresbilanz mehr als aus. Lebenszyklusbetrachtungen ergeben jedoch, dass dem Global Warming Potential von 16,5 kgCO2/m²a für das gesamte Gebäude inkl. der TGA eine Gutschrift von „nur“ 12,1 kgCO2/m²a gegenübergestellt werden können. Das Betonfundament und das Stahlrost für den temporären Bau wiegen die Vorteile der CO2-Speicherung durch die Holzelemente auf.

CO2 Wolke im Wald
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Das Projekt MIMO bringt Innovationen im Bereich Wohnraumkonzept, Holzbaukonstruktion, Vorfertigung, Kreislaufgerechtigkeit, Energieversorgung und Baustoffökologie hervor und über Synergien zusammen. Ein im Wettbewerb ebenfalls zu erstellendes Wirtschaftlichkeitskonzept weist bei hohen funktionalen, ästhetischen und ökologischen Prämissen dennoch Realisierbarkeit und Rentabilität auf Basis kombinierter Förderungs- und Finanzierungskonzepte aus.

Es sind genau diese Wissenschaftsprojekte, Fallbeispiele und Innovationen, die uns bei Art-Invest Real Estate motivieren, inspirieren und (immer) besser zu werden lassen. Denn nur gemeinsam und im Austausch mit Expert:innen und der Branche werden wir Antworten auf die drängenden Fragen und Anforderungen unserer Zeit finden. Aus diesem Grund haben wir das Projektteam der Hochschule Düsseldorf beim internationalen Hochschul-Wettbewerb „Solar Decathlon Europe 2021/22“ unterstützt.

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Johannes Nußbaum | Experte Smart Building Image Description

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Johannes Nußbaum

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