Wo setzt die Dekarbonisierung von Bestandsimmobilien an, welche Stellschrauben nutzen Sie?
Philipp Schedler: Im Gebäudebestand betrifft die Energiewende in erster Linie Heizung und Beleuchtung. Bei unseren Sanierungen und energetischen Optimierungen geht es zum einen um Energieeffizienz, aber auch um den Ersatz fossiler Energieträger, vor allem durch erneuerbare Energien. Zum Beispiel lösen Wärmepumpen, Fernwärme, Geothermie, Photovoltaik oder Lüftungen mit Wärmerückgewinnung Heizungsanlagen ab, die mit fossiler Energie betrieben werden. Man spricht auch von „grüner Wärme“. Wärmepumpen können auch zur Kühlung genutzt werden, ohne ein weiteres System installieren zu müssen. Wegen des bereits spürbaren Anstiegs der Durchschnittstemperatur als Auswirkung des Klimawandels fragen Nutzer:innen dies immer mehr nach. Insofern leisten sie einen Beitrag zur Klimaresilienz. Diese beachten wir insgesamt auch bei unseren Bestandsbauten.
Gerade in Büroimmobilien oder Hotels birgt der Stromverbrauch für Aufzüge, Beleuchtung, Lüftung und Klima große Potenziale für Effizienzsteigerungen. Weitere konstruktive Maßnahmen sind Maßnahmen der Wärmedämmung oder die Installation eines neuen Beleuchtungssystems.
Darüber hinaus sparen wir durch intelligentere Nutzungskonzepte Gebäudeflächen ein. Auch hierin liegt ein bedeutender Beitrag zur Dekarbonisierung. Diese Option nutzen wir vor allem bei Sanierungen, indem wir zum Beispiel Systemwände statt Gipskarton einsetzen, damit schnell zwischen verschiedenen Nutzungsarten gewechselt werden kann. Insgesamt betrachten wir alle Kohlendioxid freisetzenden Prozesse und ersetzen sie durch Alternativen ohne CO2-Emissionen.
Unsere Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen wir auf mehreren Ebenen: Auf Unternehmensebene haben wir ein ESG-Komitee eingerichtet und wir werden im Geschäftsbetrieb bis 2023 klimaneutral sein. Im Bereich Neubau werden wir in Zukunft ausschließlich taxonomiekonforme Projekte starten. Und im Gebäudebestand setzen wir die Smart Meter unseres Partners aedifion ein, um die Verbräuche zu analysieren. Dies ist der erste Schritt, um Verbrauchsdaten überhaupt vergleichen zu können.
Welche Rolle spielt die Digitalisierung bei diesen Aktivitäten?
Philipp Schedler: Sie ist ein wichtiger Pfeiler auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Daten sind grundlegend. Werden sie erfasst, aus unterschiedlichen Quellen zusammengeführt, ausgewertet und intelligent verarbeitet, zeigen sie Optimierungs- und Einsparpotenziale im Gebäudebetrieb auf. Ebenso spielen sie eine wichtige Rolle bei der Evaluation der Zielerreichung. Zusammen mit einem effizienten Umsetzungstool lassen sich die politischen Vorgaben mit Hilfe der Digitalisierung zügiger und nachhaltig erreichen. Zum Beispiel lässt sich der Energiebezug eines Gebäudes über Machine Learning intelligent steuern. Dann wird Strom zu den Zeiten bezogen, wenn der Strommix einen hohen Anteil erneuerbarer Energien enthält und / oder besonders preiswert ist. Auf diese Weise sinken gleichzeitig die Kohlendioxid-Emissionen und die Kosten. Dies funktioniert besonders gut in Kombination mit einem intelligenten Speichermanagement.