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Immobilienmarkt Deutschland – Alles wieder gut?

Wie hat sich der Immobilienmarkt im vergangenen Jahr verändert und wohin wird er sich in Zukunft entwickeln? In diesem Beitrag wirft unser Research-Experte, Holger Weber, einen Blick in den Markt und erklärt anhand brandaktueller Zahlen, was die Branche umtreibt.

Lesedauer: 18 Minuten

Wenig Zeit? Zusammenfassung am Artikelende

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Politische und makroökonomische Rahmenbedingungen

Das Jahr 2021 startete spektakulär mit der Erstürmung des Capitols durch Trump-Anhänger, welche die Amtseinsetzung von Joe Biden als Präsidenten der USA verhindern wollten. Vor diesem Hintergrund trat die sensationelle Nachricht, dass es der Wissenschaft in Rekordzeit gelungen ist, einen Impfstoff gegen Covid-19 zu entwickeln, erstmal in den Hintergrund.

Es sollte noch bis in den späten Sommer hinein dauern, bis die notwendigen Impfkapazitäten zur Herstellung der Herdenimmunität bereitgestellt werden konnten. Zudem trug die Delta-Variante dazu bei, dass Deutschland erst ab Anfang März 2021 als eines der letzten Länder Europas den harten Lockdown verließ. Nichtsdestotrotz löste der Fortschritt der Impfkampagnen weltweit einen Rebound der großen Volkswirtschaften aus. Schon bald sorgte das gleichzeitige Wiedererstarken in den großen Industrienationen für erste Engpässe bei der Lieferung von Rohstoffen und Komponenten aus. Auch zeigte sich, dass die Lieferketten oftmals weiterhin gestört blieben, was einen unvergleichlichen Preisschub an den Rohstoffmärkten auslöste. Verstärkt wurde dieser Effekt ferner durch das Ende der Mehrwertsteuersenkung und die Einführung der CO2-Bepreisung ab dem 1. Januar 2021; eine Malaise, die bis zum Jahresende nicht behoben werden konnte. Vielmehr erreichte hierzulande die Inflation im Dezember 2021 mit 5,3 % den höchsten Stand seit 30 Jahren und auch das Inflationsziel der EZB von 2 % p. a. wurde in Deutschland mit 3,1 % im vergangenen Jahr deutlich gerissen.

Ungeachtet dessen entwickelte sich die deutsche Wirtschaft verhalten positiv. So erreichte die Zahl der Erwerbstätigen mit 45,3 Mio. 2021 nahezu wieder das Rekordniveau von 2019 (45,5 Mio.). Gleichzeitig fiel die Zahl der Kurzarbeiter von 3,8 Mio. im Februar auf 710.000 im November 2021. Am Ende des Jahres betrug das Wirtschaftswachstum 2,7 %. Damit wurde die vom (damaligen) Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, noch im April vorgestellte Wachstumsprognose von 3,5 % für das Jahr 2021 mehr als deutlich verfehlt. Dass es so kam, hatte mit weiteren Entwicklungen zu tun. So hielten die Flutkatastrophen an Rhein und Ahr monatelang das Land in Atem. Weltpolitische Themen wie der desaströse Truppenabzug aus Afghanistan und der russische Truppenaufzug an der ukrainischen Grenze waren diesbezüglich nur noch die Spitze des Eisbergs.

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Die Bundestagswahl und anschließende Regierungsbildung ließen das Pandemiegeschehen in den Sommermonaten vorerst in den Hintergrund treten, sodass die notwendigen Vorkehrungen zur Eindämmung der weitaus ansteckenderen Omikron-Variante des Covid-19 Virus vernachlässigt wurden und die vierte Welle das Land im Herbst erneut vollkommen unvorbereitet traf. Hinzu kommt, dass die Impffrage zunehmend die Bevölkerung spaltet. Anders als in anderen europäischen Staaten, wo die Impfquote bei 80 bis 90 % lag, waren in Deutschland beim Aufkommen der Omikron-Variante gerade einmal etwas mehr als 70 % aller Bürger geimpft, wodurch infolge der deutlich höheren Ansteckungsgefahr die Herdenimmunität in weite Ferne rückt. 3G und 2G+ sowie weitere Verschärfungen zur Eindämmung des Virus trieben eine Allianz aus Impfgegnern sehr unterschiedlicher Couleur, vom Esoteriker bis hin zu demokratiefeindlichen Fraktionen, erneut auf die Barrikaden und trugen nicht nur zu einer weiteren Verhärtung der Fronten bei, sondern auch zu einer zügigen Verbreitung des Virus. Entgegen allen vorherigen Bekundungen lässt die neue Ampelkoalition inzwischen prüfen, ob eine allgemeine Impfflicht verfassungsmäßig angemessen und zulässig ist.

Ungeachtet dessen sorgten der Wiederanstieg der Inzidenzen und erneute Einschränkungen seit Mitte des Jahres für eine erneute Eintrübung des ifo-Geschäftsklimas und einen Wiederanstieg der Kurzarbeiterzahlen im Dezember 2021 auf 878.600. Angesichts der sinkenden Kaufkraft großer Teile der Bevölkerung wird die Gefahr der Bildung einer Lohn-Preis-Spirale immer größer, so dass sich inzwischen bei den meisten Notenbänkern die Auffassung durchgesetzt hat, dass das erhöhte Inflationsniveau uns noch einige Zeit beschäftigen dürfte. Die amerikanische Fed hat daraufhin für 2022 eine Erhöhung des Leitzinses zur Eindämmung der Inflation angekündigt. Die EZB verhält sich derweil, angesichts der sehr hohen Staatsverschuldung vieler Mitgliedsstaaten und der gerade erst bewilligten milliardenschweren Konjunkturpakete der EU, noch abwartend. Diesen Schritt haben die Anleihe- und Zinsmärkte bereits vorweggenommen. Am 19. Januar 2022 meldete die Deutsche Börse erstmals seit März 2019, dass die Rendite für 10-jährige Bundesanleihen wieder über Null läge.

Alles in allem ist Deutschland bislang gut durch die Pandemie gekommen. Die Auftragsbücher der deutschen Industrie sind voll und können bisweilen lediglich wegen des Fachkräftemangels und der Lieferengpässe nicht abgearbeitet werden. Dank dieser nach wie vor soliden Rahmenbedingungen bleibt der deutsche Anlagemarkt für Gewerbeimmobilien daher für viele in- und ausländische Kapitalanleger weiterhin ein sicherer Hafen.

Entwicklung an den Vermietungsmärkten

Rekordjahr am Wohnungsmarkt

Mit 306.376 Fertigstellungen erzielte der deutsche Wohnungsbau bereits im Jahr 2020 das beste Ergebnis seit dem Jahr 2001 (326.187 Wohneinheiten). Dieses Ergebnis dürfte 2021 nochmals deutlich übertroffen werden. Bereits in den ersten drei Quartalen wurden mit 282.000 Wohnungen etwa 5 % mehr Wohneinheiten (WE) fertiggestellt als in der Vorjahresperiode.

Trotz steigender Fertigstellungszahlen konnte der tatsächliche Wohnraumbedarf nicht vollends gedeckt werden. So wurden zwar zahlenmäßig 96 % des Bedarfs gedeckt, im Mietwohnungsbau entstanden laut GdW aber mit 84.800 Wohneinheiten lediglich 61 % des Bedarfs und im sozialen Wohnungsbau wurden im Jahr 2020 mit 30.000 Sozialwohnungen lediglich 38 % der tatsächlich benötigten 80.000 Sozialwohnungen errichtet. Damit ist offenkundig: Nicht nur an Wohnraum generell, sondern vor allem an bezahlbarem Wohnraum mangelt es. Dies machte sich vor allem während der Lockdowns schmerzlich bemerkbar.

Bundesweit liegt die Mietbelastungsquote, also das Verhältnis von Miete und dem Haushaltsnettoeinkommen, bei durchschnittlich 27,2 %, in Großstädten bzw. Stadtstaaten wie Hamburg (30,4 %) häufig deutlich über 30 %. Laut einer Studie des Statistischen Bundesamtes (11/2021) lebten bundesweit im Jahr 2020 gut 8,5 Mio. Menschen (10,3 %) in überbelegten Wohnungen. Nur ein Jahr zuvor waren es noch 6,4 Mio. Einwohner. Eine Wohnung gilt per Definition als überbelegt, wenn zu wenige Zimmer in Proportion zur Zahl der Bewohner zur Verfügung stehen. Am höchsten war die Überbelegungsquote mit 29,9 % bei Alleinerziehenden und deren Kindern, am geringsten mit 3,0 % in der Altersgruppe der über 65-jährigen. Ebenso leben derzeit 16,4 % aller Jugendlichen unter 18 Jahren in zu kleinen Wohnungen. Vor allem in deutschen Städten lebt jeder siebte Einwohner (15,0 %) in einer überbelegten Wohnung, auf dem Land hingegen nur 5,8 %. Während allerdings der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum zuletzt spürbar anstieg, sank 2020 der Bestand an Sozialwohnungen um weitere rund 26.350 Wohneinheiten (-2,3 %), Tendenz weiter fallend. Damit hat sich die Zahl der Sozialwohnungen auf 1,13 Mio. Wohneinheiten reduziert, 1987 waren es noch 3,9 Mio.

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Per Saldo fallen jedes Jahr mehr Wohnungen aus der Sozialbindung als neu errichtet werden, was angesichts des Nachfrageüberhangs am Wohnungsmarkt die Überbelegungsquote stetig ansteigen lässt.

Q11

Dass vergangenes Jahr nicht mehr gebaut wurde, lag vor allem an der hohen Zahl von genehmigten, aber nicht fertiggestellten Wohnungen, etwa weil Handwerker und Baufirmen überlastet sind. Dieser Bauüberhang wächst seit Jahren und führt inzwischen dazu, dass laut der Herbstumfrage des Hauptverbandes der deutschen Bauindustrie der Fachkräftemangel mit 80 % der Nennungen noch vor dem Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise (74 %) als eine der größten Geschäftsrisiken vieler Bauunternehmen eingestuft wird. So beläuft sich die Zahl der Arbeitslosen je offene Stelle im Bauwesen bundesweit auf 1,1. Bei qualifizierten Tätigkeiten wie bspw. Architekten und Bauingenieuren beträgt der Wert sogar nur 0,4 Arbeitslose je offene Stelle. Gleichzeitig stieg der Anteil der mehr als 45-jährigen Beschäftigten auf dem Bau seit dem Jahr 2000 von 37 % auf 47 %. Gut 23 % aller Beschäftigten gehen in den kommenden zehn Jahren in Rente, was die Nominallöhne im Hochbau seit dem Jahr 2015 um 22,2 % ansteigen ließ, Tendenz weiter steigend. Angesichts der gestiegenen Lohnkosten und Rohstoffpreise stiegen die Baukosten im Verlauf des Jahres 2021 um 15 % an, was dem höchsten Baukostenanstieg seit der Jahrtausendwende entspricht.

Aber nicht nur die Baukosten sind in den vergangenen Jahren massiv angestiegen, sondern auch die Baulandpreise. In der vergangenen Dekade stieg der Preis für baureife Grundstücke im Bundesdurchschnitt um 55,2 % auf durchschnittlich 198,96 € / m². Bauentwicklungsland legte sogar um 60,8 % im Preis zu. Infolgedessen erhöhten sich die Angebotspreise für Eigentumswohnungen allein im vergangenen Jahr laut empirica um 13,2 % insgesamt und im Neubau um 12 %. Gesehen über die vergangene Dekade betrug der Anstieg sogar 121,8 % bzw. 96,8 %. Mit durchschnittlich 4.555 € / m² legte der Kaufpreis für Neubau-Eigentumswohnungen somit deutlich stärker zu als die Wohnungsmiete für dieses Segment.

Ein Ende dieses Trends ist bislang noch nicht absehbar. Angesichts des Fachkräftemangels dürfte es selbst bei überdurchschnittlich hohen Fertigstellungsvolumina noch einige Jahre dauern, bis der im vergangenen Jahrzehnt kumulierte Bauüberhang abgebaut ist. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung des marktkonformen Leerstands, welcher sich seit dem Jahr 2012 stetig von 3,3 % bundesweit auf zuletzt 2,8 % reduzierte. In den Big7- und Unistädten liegt dieser häufig sogar deutlich unter 1 %. Gleichzeitig fallen immer mehr Wohnungen aus der Preisbindung. Wohnen wird zunehmend zum Luxusgut. Angesichts der stetig steigenden Preise rückt daher der Traum von den eigenen vier Wänden in die ferne Zukunft.

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Stimmung an den Büromärkten verhalten optimistisch

Nachdem noch zu Beginn der Coronapandemie im Jahr 2020 bei vielen Immobilienakteuren und Anlegern die Angst umging, dass infolge des Homeoffice künftig keine oder zumindest deutlich weniger Büroflächen benötigt würden und infolgedessen die Flächennachfrage einbrechen und der Leerstand in die Höhe schießen würde, haben sich die Wogen inzwischen geglättet. Auch wenn das Homeoffice zur neuen Normalität gehört, behält das Büro seinen Stellenwert als Ort der Kommunikation, der Identifikation mit dem Arbeitgeber sowie als Basis für Kreativität und Produktivität im Unternehmen. Hybride Arbeitsplatzmodelle sind daher unbestritten die Zukunft.

So hat sich einerseits die Erkenntnis durchgesetzt, dass das Büro als Arbeitsort unerlässlich ist, andererseits hat die Nachhaltigkeitsdebatte infolge von ESG spürbar an Fahrt aufgenommen und befeuert derzeit vor allem die Nachfrage nach modernen und nachhaltigen Büroflächen. Diese Entwicklung trug dazu bei, dass die Büroflächennachfrage in den sieben A-Städten im Jahr 2021 um fast ein Viertel (23,3 %) gewachsen ist und mit 3,3 Mio. m² nur noch 6,3 % geringer ausfiel als im Jahresmittel der Dekade vor dem Ausbruch der Pandemie.

Eine Stabilisierung der Märkte zeigte sich zuletzt auch im Hinblick auf den Leerstand, welcher sich bei einer Leerstandsquote von 4,5 % stabilisierte. Zwar stieg dieser in den Big7 gegenüber dem Vorjahr um fast ein Viertel, der Anstieg fiel aber angesichts 1,6 Mio. m² fertiggestellter Fläche immer noch sehr moderat aus. Hinzu kommt, dass bereits der Großteil der neuen Flächen vorvermietet ist. Angaben von Cushman & Wakefield zufolge waren 2021 in den fünf größten Büromärkten der Republik bereits 71 % der Flächen zum Zeitpunkt der Fertigstellung vermietet oder durch Eigennutzer belegt. Nicht selten wurde im Zuge der Standortkonsolidierung größerer Unternehmen beim Umzug in flächeneffizientere und moderne Objekte mehr Fläche freigesetzt als neu angemietet, was den Leerstand langsam ansteigen lässt. Da die leergezogenen Flächen häufig aber nicht mehr marktkonform sind, werden diese meist vom Markt genommen, um diese entweder zu sanieren, umzuwidmen oder aber an ihrer Stelle neue moderne Bürohäuser zu errichten. Moderne Büroflächen sind daher nach wie vor knapp.

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Ausgehend von einem sehr geringen Leerstandsniveau und da – anders als in den vorangegangenen Krisen – im vergangenen Zyklus nur wenig spekulativ gebaut wurde, droht auch kurz- bis mittelfristig keine dramatische Ausweitung des Leerstandes. So erklärt sich auch der Umstand, dass – trotz eines Anstiegs des Gesamtleerstands um 52 % gegenüber dem Jahr 2019 – die Spitzenmiete in den Big7 seit Beginn der Pandemie um insgesamt 3,5 % angestiegen ist, hiervon 1,7 % allein im vergangenen Jahr. Gleichzeitig war laut Cushman & Wakefield hinsichtlich der Incentives wie bspw. mietfreier Zeiten oder dem Mieterausbau in den Core-Citylagen eine Seitwärtsbewegung zu beobachten. In Berlin und Frankfurt gaben sie im Durchschnitt sogar um eine halbe Monatsmiete nach. Bezogen auf einen Fünf-Jahres-Vertrag machten die mietfreien Zeiten im vergangenen Jahr in den Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München im Schnitt lediglich 5,5 % aus.

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An den Büromärkten der Big7-Städte ist zurzeit eine Flucht in die Qualität zu beobachten. Nur so lässt sich erklären, dass die Spitzenmiete – trotz steigender Leerstände – weiter ansteigt.

Konferenzraum im Büro

Weitaus ruhiger entwickelte sich der Markt für Flexible Offices. Nach dem Höhepunkt der Anmietungstätigkeit durch Flexible-Office-Betreiber mit bis zu 260.000 m² Flächenumsatz pro Jahr und Anteilen von 8 bis 9 % am gesamten Flächenumsatz einzelner Big7-Städte im Jahr 2018 brach der Take-up in diesem Segment infolge der Pandemie in den vergangenen Jahren deutlich ein. Die Expansionspläne der meisten Betreiber wurden daraufhin fürs erste auf Eis gelegt, manche Standorte geschlossen oder Planungen nicht weitergeführt. Bisweilen wurde aber auch selektiv expandiert. In Summe wurden während der Pandemie etwas mehr als 100.000 m² Bürofläche durch Flexible-Office-Betreiber angemietet, also in zwei Jahren nicht einmal die Hälfte des Vorkrisenjahres 2019. Vergangenes Jahr wurden gerade einmal 40.000 m² neu angemietet und damit nur etwas mehr als 1 % des gesamten Take-ups der Big7.

Der verhaltenen Nachfrage steht ein Zuwachs um ca. 272.500 m² an neu eröffnetem Flexible-Office-Angebot allein während der Pandemie gegenüber, hiervon fast zwei Drittel im vergangenen Jahr. Dabei handelte es sich in der Regel um Flächen, die von den Betreibern in der Boom-Phase 2017 bis 2019 in Projektentwicklungen angemietet wurden, die in den vergangenen beiden Jahren fertiggestellt wurden. Generell erholte sich die Auslastung bei den Flexible-Office-Betreibern rascher als erwartet. Dennoch mussten viele auch 2021 weiterhin Umsatzrückgänge gegenüber dem Vorkrisenjahr 2019 hinnehmen, da ihnen aufgrund von Veranstaltungsverboten bzw. reduzierter Teilnehmerzahlen wegen der ihnen auferlegten Hygienekonzepte und Abstandsgebote ein Großteil des Umsatzes im MICE-Geschäft (Meetings, Incentives, Conventions, Exhibitions/Events) wegfiel.

Lage am Markt für Einzelhandelsimmobilien zweigeteilt

Die vergangenen beiden Jahre verliefen für den stationären Einzelhandel sehr schmerzlich. Während das Onlinegeschäft zügig an Fahrt aufnahm, mussten die Ladeninhaber die Last der Pandemieverordnungen wie beispielsweise die Kontrolle der 2G- und 3G-Gebote tragen.

Nachdem noch zu Beginn des Jahres die Hoffnung auf der Impfkampagne lag, welche eine rasche Rückkehr zur Normalität versprach, vereitelten immer neue Varianten eine Lockerung der Maßnahmen. Das ewige Hin und Her hinsichtlich der Öffnungsregelungen, die zudem von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich gehandhabt wurden, sorgten für ein ständiges Auf und Ab bei den Passantenfrequenzen in Deutschlands High Streets. Das erhoffte Revenge-Shopping, ein Nachholeffekt für entgangenen Konsum, fiel somit vollends ins Wasser. Die erneute Einführung von 2G just zu Black Friday und dem Weihnachtsgeschäft sorgte überdies für ein mäßiges Weihnachtsgeschäft.

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Immer neue Einschränkungen infolge der Pandemie haben verhindert, dass sich die Innenstädte wieder füllten. So lagen die Passantenfrequenzen im Oktober 2021 bereits nur noch geringfügig unter dem Vorkrisenniveau des Jahres 2019. Die Einführung von 2G im stationären Handel zum Weihnachtsgeschäft machte diese Entwicklung aber gleich wieder zunichte.

Fußgängerzone
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Ungeachtet der massiven Eingriffe in die Geschäftstätigkeit erhöhte sich der nominale Einzelhandelsumsatz laut Angaben des Statistischen Bundesamtes von Januar bis November 2021 um 2,7 % gegenüber der Vorjahresperiode. Allerdings zeigte sich die Dynamik bei den Krisengewinnlern des Vorjahres (LEH, Baubedarf und Onlinehandel) deutlich abgeschwächt. So legte der Lebensmittelhandel nach 8 % im Vorjahr 2021 nur noch um 1 % zu und der Umsatz mit baumarktspezifischen Sortimenten und Möbeln ging nach einem Plus von 6,8 % im Jahr 2020 im vergangenen Jahr wegen Lieferengpässen sogar um 7,3 % zurück.

Die gedämpfte Einkommenserwartung, gestiegene Verbraucherpreise sowie das aktuelle Corona-Infektionsgeschehen ließen die Anschaffungsneigung der Verbraucher zum Jahresende erneut fallen. Folglich fiel das Plus des Onlinehandels 2021 mit 15,2 % geringer aus als im Vorjahr. Vor dem Hintergrund von Homeoffice und dem Wegfall von Feiern und Events litt 2021 vor allem das Business- und Fashion-Segment. Hier hatte der Onlinehandel wegen der Lockdowns seinen Umsatzanteil 2020 massiv auf knapp 40 % des Branchenumsatzes ausweiten können, verlor aber 2021 wieder Marktanteile. Per Saldo liegt der Online-Umsatz im Fashion-Handel aber weiterhin 4,5 % über dem Vorkrisenniveau, während aber der stationäre Umsatz im Fashion-Handel seit 2019 um ein Fünftel wegbrach. Bereits vor der Coronapandemie stand der Einzelhandelsimmobilienmarkt unter Druck. Infolge der Lockdowns und den damit verbundenen Umsatzausfällen im stationären Handel hat sich dort die Situation weiter verschärft. Demnach wurden im Jahr 2020 Umsätze im Umfang von rund 10 Mrd. € und im Jahr 2021 weitere gut 800 Mio. € von den Innenstädten in den Onlinehandel verlagert. Während gegenwärtig noch jeder sechste Euro im Onlinehandel getätigt wird, gehen aktuelle Prognosen davon aus, dass es bereits 2025 jeder fünfte Euro sein wird. Zwar sank die Insolvenzquote im Handel 2021 um weitere 7,4 %. Dies war allerdings allein der aufschiebenden Wirkung der Überbrückungsgelder und der Verlängerung des Kurzarbeitergeldes zu verdanken. Derweil stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen 2021 um 80,9 %, wodurch die Sparneigung der Verbraucher weiter anstieg.

Infolgedessen hat sich der Verkaufsflächenbedarf in den Innenstädten und Shopping-Centern verringert. Dieser Trend wird auch in den kommenden Jahren anhalten. Vor allem monostrukturierte, rein fashion-lastige Lagen und Center sind hiervon betroffen. Deutlich besser ist es um Center mit einem dominanten Food-Anker bestellt, da dieser auch in der Krise vergleichsweise hohe Besucherzahlen generiert.

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Generell hat sich der Rückgang der Mieternachfrage verstärkt, sodass sich der Markt 2021 zu einem Mietermarkt wandelte, mit signifikantem Druck auf die Mieten insbesondere bei Großflächen ab ca. 1.000 m² sowie für Objekte mit mehr als zwei Geschossen, was in diesem Segment die Mieten sinken lässt. Für solche Flächen lassen sich inzwischen nur noch wenige Nachnutzer finden (Flagship Stores, Showrooms von Online-Playern, Pop-up Stores, City-Formate des Lebensmittelhandels und größere Drogeriemarktketten).

Diese nutzen derzeit die Gunst der Stunde, sich in einer der Top-Lagen Standorte zu sichern, was auch die leichte Erholung am Vermietungsmarkt der High Streets im Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr erklärt. Dennoch ist gegenwärtig in vielen Städten eine höhere Anzahl an leerstehenden Ladenflächen zu beobachten als vor der Pandemie. Hierin liegt aber auch eine Chance für die Innenstädte, da sich dort erstmals seit Jahren neue Anbieter niederlassen können und so zu einer Verjüngung und Modernisierung des Warenangebots und des Mietermix beitragen. Vor allem das systemrelevante Lebensmittel- und Drogeriesegment erwies sich während der Pandemie als krisenresistent und konnte seinen Fußabdruck deutlich vergrößern. Insbesondere für die erfolgreiche Entwicklung nachhaltiger Stadtquartiere ist es unerlässlich für einen attraktiven Nutzungsmix.

Generell ist davon auszugehen, dass sich gut etablierte High Street Lagen als resilient erweisen, während vor allem bereits vorher wenig frequentierte Lagen schwertun dürften. Hier ist mittelfristig mit Leerständen und einem sich ändernden Nutzungsmix zu rechnen und daraus resultierend geringeren Mieterlösen. Diese Trendwende ließ sich im Jahr 2021 bereits anhand der deutlich längeren Vermarktungsdauer zu den annoncierten Angebotspreisen ablesen, welche das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Zuge der Erstellung seines hedonischen Mietpreisindex beobachtete.

Aber selbst in den Haupteinkaufslagen dürften sich die vor der Krise realisierten Spitzenmieten nur noch in den Lageabschnitten mit der höchsten Visibilität und Passantenfrequenz erwirtschaften lassen. So gab beispielsweise die mittlere Spitzenmiete der Big7 im ersten Halbjahr 2021 um 5,5 % auf 282 €/m² nach. Damit fiel dort der kumulierte Mietzuwachs erstmals seit dem Jahr 2011 geringer aus als die Teuerungsrate für denselben Zeitraum.

Logistikimmobilien weiterhin auf der Überholspur

Die Logistikbranche boomt und dies nicht erst seit dem Ausbruch der Pandemie. Zwar dominieren hinsichtlich der Nachfrage weiterhin Vorvermietungen und Eigennutzertransaktionen, der Anteil spekulativer Entwicklungen steigt aber seit Jahren stetig. Zu den wichtigsten Flächenabnehmern zählten im vergangenen Jahr Logistikdienstleister und Handelsunternehmen, deren Anteil am gesamten Take-up fast drei Viertel ausmachte. Mit einem Flächenumsatz von bundesweit deutlich mehr als 7 Mio. m² könnte dieser 2021 sogar die Rekordwerte der Jahre 2016 und 2018 einstellen.

Zu den wichtigsten Treibern der Nachfrage zählt der Onlinehandel. Dabei expandieren nicht nur etablierte Marken, sondern auch jüngere Unternehmen und Anbieter von Nischenprodukten. Selbst im Lebensmittelhandel nahm die Nachfrage seit Beginn der Pandemie deutlich zu. Zwar bewegt sich dort der Umsatzanteil mit 2 % nach wie vor auf niedrigem Niveau, neue Geschäftsmodelle wie der Schnell-Lieferdienst Gorillas expandieren aber zurzeit stark. Damit wird der Flächenmangel zu einem brennenden Thema. Vor allem in Metropolen fehlt immer häufiger Platz. Mehrgeschossigkeit wird daher in den großen Metropolen und Top-Lagen des Landes mit hohen Grundstückspreisen immer wahrscheinlicher. Zudem sind die Anforderungen an Lagerhallen infolge des E-Commerce deutlich gestiegen, weshalb immer mehr Mieter in die Automatisierung ihrer Logistikimmobilien investieren. Ähnlich wie bei Rechenzentren gehören daher inzwischen eine redundante Anbindung an das Glasfasernetz mehrerer Provider zur Vernetzung der Logistikstandorte untereinander sowie mit den Kunden für die wichtigsten Player der Branche längst zum Standard.

 

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Angesichts der zügig wachsenden Flächennachfrage durch den Onlinehandel, Logistikdienstleister und die Industrie wird das verfügbare Flächenangebot immer knapper, was die Mieten seit Jahren steigen lässt.

Angesichts des deutlichen Nachfrageüberhangs legten die Mieten für Logistikimmobilien in den Top5-Standorten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München) seit dem Jahr 2017 um insgesamt 8,0 % zu. Allein im vergangenen Jahr wurde ein Mietzuwachs um mehr als 1,5 % verzeichnet.

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Die Konsolidierung am Hotelmarkt setzt sich fort

Der Tourismus, seit Jahrzehnten die wichtigste Säule des globalen Wirtschaftswachstums, zählt zu den Branchen, die global und lokal am stärksten von der Covid-19-Pandemie getroffen wurden. Innerhalb weniger Wochen brachte ihn die Pandemie zum Erliegen. Auch im Jahr 2 der Coronapandemie befand sich der globale Reisemarkt weiter im Klammergriff des Virus. Nachdem die Zahl der Reisenden laut Angaben der World Tourism Organization (UNWTO) im Jahr 2020 weltweit mit 400 Mio. bereits um 73 % gegenüber dem Vorjahr gesunken war und somit deutlich geringer ausfiel als zur Jahrtausendwende (674 Mio. Reisende), fielen die Zahlen für das Jahr 2021 mit lediglich einem Plus von 4 % kaum versöhnlicher aus. Weder während der SARS-Pandemie (2003, -0,4 %) noch infolge der Finanzkrise (2009, -4,0 %) war es bisher zu einem derart starken Einbruch der Nachfrage gekommen.

Von Januar bis November 2021 verzeichneten die Beherbergungsbetriebe bundesweit 293,0 Mio. Übernachtungen, was einem Minus von 0,9 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum entsprach. Tatsächlich waren die Betriebe im Jahr 2021 noch stärker und länger von coronabedingten Einschränkungen betroffen als im Vorjahr. Besonders hart traf es das Business-Hotel-Geschäft. Laut der Dezember-Umfrage des Verbandes Deutsches Reisemanagement (VDR) erlauben gegenwärtig 82,4 % der Unternehmen Geschäftsreisen nur noch in Ausnahmefällen. Im September, als es keine nennenswerten Reise- und Kontaktbeschränkungen gab, lag der Wert schon mal bei 51,7 %. Als wichtigste Hinderungsgründe für Geschäftsreisen nannten viele Unternehmen gesundheitliche Risiken und komplizierte Einreisebestimmungen. Eine Rückkehr zu den Verhältnissen vor der Pandemie dürfte so bald nicht zu erwarten sein. Künftig dürfte daher stärker als bisher geprüft werden, ob eine Geschäftsreise notwendig ist. Wenn die aktuellen Prognosen zur Entwicklung des Geschäftsreiseverkehrs zutreffen, dann dürfte dieser nachhaltig um 30 % gegenüber dem Jahr 2019 zurückgehen.

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Waren noch im vergangenen Jahr viele Branchenkenner guter Hoffnung, dass es am Hotelmarkt 2023 wieder aufwärts ginge, gehen inzwischen infolge neuer Coronabeschränkungen zur Bekämpfung immer neuer Varianten zwei Drittel erst von einer Erholung ab Ende 2024 aus.

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Allein im 1. Halbjahr 2021 beliefen sich die Umsatzausfälle im inländischen Tourismus aufgrund des dreimonatigen Lockdowns auf 49,9 Mrd. €, wovon 25,3 Mrd. € auf den Übernachtungstourismus entfielen und der Rest auf den Tagestourismus. Von Januar bis August nahm die Zahl der gewerblichen Übernachtungen gegenüber dem Jahr 2019 um 46,8 % ab. Insgesamt lag die Übernachtungszahl in diesem Zeitraum gut 10 % unter dem Referenzwert aus dem Jahr 2019. Den höchsten Rückgang verzeichneten Städte mit einem Minus von 42,8 %, während die Küstenregionen sogar ein leichtes Plus von 1,5 % verzeichneten. Dabei lag das Minus in der Hotellerie bei 26,6 %, während der Markt für Ferienwohnungen zeitgleich um 3,5 % zulegen konnte. Laut einer Branchenumfrage rechnen die meisten Betroffenen nicht vor Ende 2024 mit einer Normalisierung der Geschäftsbedingungen und selbst dann auf einem deutlich geringeren Niveau als vor der Krise.

Grundsätzlich haben die Menschen weiterhin Lust zu Reisen. Sowohl Geschäftsreisen als auch touristische Reisen haben mit abnehmenden Beschränkungen wieder zugenommen, wobei vor allem bei jungen Leuten neue Hotelkonzepte wie Affordable-Design und Lean-Luxury gefragt waren. Besonders begehrt waren 2021 Reiseziele in der Nähe großer Städte, die leicht mit dem Auto erreichbar sind und über umfassende Freizeit- und Sportangebote verfügen. Der Rückzug ins Private setzte sich im Urlaub fort, was auch die starke Nachfrage nach Ferienwohnungen und -häusern erklärt.

Dabei war Flexibilität Trumpf. Die Kurzfristigkeit der Buchungen dürfte uns erhalten bleiben, wodurch die Kapazitätsplanung für die Hotelbetreiber schwieriger wird. Ein Schlüssel zur Lösung dieses Dilemmas ist eine weitere Digitalisierung der Betriebe sowie digitale Check-in Devices. Grundsätzlich verstärkt sich der Trend zur Segmentierung: Der Budget-Bereich wird zunehmend automatisiert und wegen des Personalmangels de-personalisiert, der Premium-Bereich verkauft persönliche Zuwendung als Luxus. Im mittleren Segment mit dem stärksten Branding-Druck bestehen weiterhin Profilierungs-Möglichkeiten, von Lifestyle-Community-Hubs über hybride Konzepte (Remote Work) bis hin zu den unterschiedlichen Spielarten der Serviced Apartements. Business und Leisure greifen dabei zunehmend ineinander, weshalb sich zuletzt Serviced Apartments als widerstandsfähiger erwiesen als viele Business-Hotels. Es ist daher davon auszugehen, dass sich die Nachfrage nach Hotelimmobilien, welche sich während der Pandemie als vergleichsweise resilient erwiesen haben wie beispielsweise Premium Budget, Extended Stay, Resort Hotels, weiter steigen wird.

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In Zahlen ausgedrückt bedeutete dies für die Hotellerie im ersten bis dritten Quartal folgendes: Anstelle einer bundesweit durchschnittlichen Auslastung von 71,6 % (2019), betrug diese 2021 nur 30,5 %. Gleichzeitig gab der durchschnittliche Zimmerpreis (ADR) um 16 % auf 85,5 € pro Nacht nach. Dies führte dazu, dass der Zimmererlös (RevPar) in den ersten neun Monaten des Jahres mit lediglich 26,1 € um 64 % geringer ausfiel als vor der Pandemie.

Inzwischen ist die Situation am Hotelmarkt vielerorts kritisch. Laut einer DEHOGA-Umfrage vom Dezember wird für das Jahr 2021 von einem Umsatzrückgang um 41 % gegenüber dem Jahr 2019 ausgegangen. Nach zwei Jahren Pandemie sind die Liquiditätsreserven vieler Betreiber aufgebraucht, weshalb derzeit gut 56 % aller Hotelbetreiber die Existenz ihres Betriebes gefährdet sehen.

 

 

Und der Druck auf die Betreiber steigt. Der vor Corona boomende Tourismus in Deutschland führte 2019 zur Eröffnung von 144 Hotels mit insgesamt 21.500 Hotelzimmern, womit die Bautätigkeit kurz vor Ausbruch der Pandemie ihren Höhepunkt erreichte. Im Jahr 2020 setzte sich dieser Trend, wenngleich ein wenig abgeschwächt, mit 135 Neueröffnungen (und 20.277 Zimmern) fort. Für das Jahr 2021 berichtet TopHotelNews nur noch von der Eröffnung weiterer 40 Hotels mit insgesamt 3.950 Zimmern bundesweit, während für das laufende Jahr weitere 89 Objekte mit 15.780 Zimmern angekündigt sind. Ob diese tatsächlich bereits in diesem Jahr ihre Pforten öffnen oder sich deren Fertigstellung verzögert, wird sich zeigen. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen wie im vergangenen Jahr dürfte sich daher die Auslastung in der Hotellerie durch das zusätzliche Zimmerangebot tendenziell eher verringern als erhöhen, wodurch der Zimmererlös weiter unter Druck gerät.

Investmentmarkt Deutschland

Allgemeine Entwicklung

Mit einem Investmentvolumen von 115,1 Mrd. € verzeichnete der deutsche Investmentmarkt (inklusive Wohnen) im vergangenen Jahr das erfolgreichste Jahr aller Zeiten. Damit erhöhte sich das Volumen seit dem Jahr 2012 auf mehr als das Dreifache (+207,8 %) und auch das mittlere Investitionsvolumen der vergangenen Dekade wurde um mehr als 60 % übertroffen.

Zwar bleiben Büro und Wohnen mit Abstand die wichtigsten Assetklassen am deutschen Investmentmarkt, in den vergangenen beiden Jahren haben sich aber zunehmend die Präferenzen verschoben. So überrundete das Segment Wohnen mit 51,0 Mrd. € Investmentvolumen bzw. 44,3 % des Gesamtvolumens 2021 erstmals mit Abstand die Assetklasse Büro (26,7 %). Ferner tauschten Logistik- und Retail-Investments ebenfalls zum ersten Mal die Plätze, sodass Logistikimmobilien 2021 mit 9,9 Mrd. € an investiertem Kapital auf Rang 3 der gefragtesten Assetklassen aufstiegen.

Die mit Abstand höchste Wachstumsdynamik weist seit Beginn der Pandemie allerdings das Segment Healthcare auf. Während sich das am Hotelinvestmentmarkt investierte Kapital seit dem Jahr 2019 halbierte, im Einzelhandel um fast ein Drittel (-32,3 %) zurückging und auch das Bürosegment 20,6 % weniger Kapital binden konnte, stieg das Investmentvolumen für Logistikimmobilien im selben Zeitraum um 31,1 % und im Bereich Healthcare (Pflegeheime, Betreutes Wohnen, Ärztehäuser) sogar um 86,8 %. Damit wurde im Jahr 2021 im Segment Healthcare beinahe elfmal so viel investiert wie im Jahr 2012, gefolgt vom Logistik- und Wohnsegment, deren Transaktionsvolumina um das 5,6-fache bzw. 4,5-fache gestiegen sind.

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Der Investmentmarkt befindet sich zurzeit in Bewegung. Während einstige Shooting Stars wie der Einzelhandel und Hotels infolge der Pandemie deutlich rückläufige Investmentvolumina verkraften mussten, konnten vor allem Wohn-, Logistik- und Healthcare-Immobilien in der Gunst der Anleger deutlich zulegen.

Wohninvestmentmarkt auf der Überholspur

Bereits seit Jahren hinkt der Wohnungsbau dem Bedarf hinterher. Infolgedessen steigen die Wohnungsmieten und Wohnungspreise in bisher unbekannte Höhen. Hiervon profitiert der gewerbliche Wohninvestmentmarkt, wo sich trotz der bereits niedrigen Renditen Kapitalanlagen seit Jahren einer steigenden Nachfrage erfreuen. Üblicherweise belief sich ihr Anteil am gesamten Investmentvolumen der vergangenen Dekade auf 20 bis 30 %. Nicht so im Jahr 2021, wo die Übernahme der Deutschen Wohnen durch Vonovia im 4. Quartal für 22,5 Mrd. € das Investmentvolumen in diesem Segment 2021 um den Faktor 2,6 auf einen historischen Rekordumsatz von 51,0 Mrd. € ansteigen ließ. Wohninvestments wurden damit 2021 mit einem Umsatzanteil von 44,3 % klar vor dem Bürosegment (26,7 %) zur beliebtesten Assetklasse.

Aber selbst ohne diesen Deal wäre mit knapp 28,5 Mrd. € ein neues Rekordergebnis erzielt worden. Bereinigt um die Vonovia-Transaktion hat sich 2021 das Transaktionsvolumen im Wohnsegment um 45,6 % gegenüber dem Vorjahr erhöht und damit sogar den Umsatz des Rekordjahres 2015 (24,0 Mrd. €) um 18,7 % übertroffen. Die hohe Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt zeigte sich auch in einem erneuten Rekordwachstum der Kaufpreise: Neubauwohnungen erzielten innerhalb von nur 12 Monaten ein Plus von 12,0 % und im Bestandssegment stiegen die Kaufpreise im gleichen Zeitraum sogar um 13,2 %.

Flucht in die Qualität am Büroinvestmentmarkt

Ungeachtet der nach wie vor ungeklärten Frage nach der künftigen Entwicklung der Büronachfrage infolge des Siegeszugs hybrider Arbeitsplatzmodelle und des Homeoffice befindet sich der Büroinvestmentmarkt dank eines fulminanten Jahresendspurts im 4. Quartal, in dem mit 12,9 Mrd. € gut 58 % des Gesamtvolumens in diesem Segment erzielt wurden, bereits ein Jahr nach dem pandemie-bedingten Umsatzeinbruch wieder auf Wachstumskurs. Nicht nur stieg das Transaktionsvolumen erneut um 24,5 % gegenüber dem Vorjahr, sondern es wurde mit einem Gesamtvolumen von 30,7 Mrd. € zudem nach den Jahren 2007 (31 Mrd. €) und 2019 (38,7 Mrd. €) das drittbeste Ergebnis aller Zeiten erzielt. Auf die Big7 entfielen dabei gut 84 % des Büroinvestmentvolumens.

Diese positive Entwicklung war vor allem mehreren Megadeals geschuldet. Allein 61 Deals im dreistelligen Millionenbereich erfolgten im vergangenen Jahr, darunter der Ankauf des Büroturms T1 im Frankfurter Quartier Four durch die Allianz für sagenhafte 1,4 Mrd. €; das teuerste Einzelinvestment aller Zeiten in dieser Assetklasse. Des Weiteren sah das Jahr etliche Hochhaus-Deals. So wechselten in München die Highlight Towers für 700 Mio. € sowie der Uptown-Tower für 635 Mio. € ihren Eigentümer, in Frankfurt wurde der Skyper für 550 Mio. € veräußert und in Berlin ging die gemischt genutzte Projektentwicklung Fürst für 1,25 Mrd. € über den Tisch. Allein die sieben Transaktionen jenseits der 500 Mio. €-Schwelle standen für einen Umsatz von 5 Mrd. € bzw. 16,5 % des Jahresumsatzes im Bürosegment.

Nachgefragt wurden insbesondere nachhaltige, möglichst ESG-konforme moderne Büroobjekte. Angesichts des anhaltend hohen Interesses an Core-Produkten gab die Bürospitzenrendite in den A-Städten im Jahr 2021 um weitere 17 Basispunkte auf 2,64 % nach, wobei der Spread zwischen A-Objekten in Top-Lage und B-Objekten in B-Lagen nur noch 150 Basispunkte betrug.

Bürofläche in Düsseldorf
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Massiver Umsatzeinbruch am Einzelhandelsinvestmentmarkt

Nachdem das Transaktionsvolumen für Handelsimmobilien im Vorjahr aufgrund einzelner Portfolio-Deals und der Fusion von Karstadt und Kaufhof mit 12,2 Mrd. € noch ausgesprochen positiv ausfiel und nur wenig die Entwicklungen im stationären Einzelhandel widerspiegelte, brach dieses im laufenden Jahr um 28,8 % ein und verzeichnete mit einem Volumen von 8,7 Mrd. € das drittschlechteste Ergebnis seit der globalen Finanzkrise.

Nach dem Warenhaus-Segment, welches nach der Warenhausfusion im 1. Quartal des Vorjahres um 78 % auf unter 500 Mio. € einbrach, musste vor allem die Assetklasse der Shopping Center mit einem Umsatzschwund von mehr als 700 Mio. € ein Minus von 54,3 % gegenüber dem Jahr 2020 hinnehmen. Derweil erholte sich die Nachfrage nach innerstädtischen Geschäftshäusern mit einem Volumen von 1,7 Mrd. € wieder geringfügig um 5,0 %. Der eindeutige Gewinner der Coronapandemie war aber mit gut zwei Dritteln des gesamten Investmentvolumens der Assetklasse das Fachmarkt-Segment.

Diese Entwicklung schlug sich auch in den Spitzenrenditen der unterschiedlichen Vertriebstypen nieder. Während sich die Spitzenrenditen für innerstädtische Geschäftshäuser und Shopping Center tendenziell seitwärts entwickelten bzw. leicht anstiegen, gaben sie für Fachmärkte im Jahr 2021 um 25 Basispunkte und für Lebensmittelmärkte sogar um 120 Basispunkte auf 3,5 % bzw. 3,6 % nach.

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Logistikimmobilien werden zur drittstärksten Assetklasse

Dank seiner Krisenresilienz während der Pandemie konnten Logistikinvestments zuletzt ihr Anlegerspektrum deutlich ausweiten. Inzwischen tummeln sich hier auch Anleger, denen das Segment bislang zu riskant oder uninteressant erschien. Das Gegenteil war die vergangenen Jahre der Fall. Der boomende Online-Handel ließ das Logistik-Segment in der vergangenen Dekade von einem Rekord zum nächsten eilen. Mit einem Investmentvolumen von 9,9 Mrd. € wurde nicht nur das bereits gute Vorjahresergebnis um 24,3 % übertroffen, sondern auch die Rekordmarke aus dem Jahr 2017 (9,2 Mrd. €) um 7,5 % übertroffen. Mit einem Umsatzanteil von 8,3 % am Gesamtumsatz (inkl. Wohnen) schob sich die Assetklasse damit im Jahr 2021 erstmals an der Assetklasse der Handelsimmobilien (7,6 %) vorbei und wurde zur drittstärksten Assetklasse am deutschen Anlagemarkt für Gewerbeimmobilien.

Obwohl Portfolio-Deals auf ein Volumen von 3,7 Mrd. € zulegen konnten, waren es Einzelinvestments, die mit einem Umsatzanteil von 62 % zum herausragenden Ergebnis des vergangenen Jahres beitrugen. Vor allem ausländische Anleger zeigten sich hochinteressiert an deutschen Logistikimmobilien. Insgesamt waren sie für 63,8 % des Gesamtvolumens verantwortlich, allen voran Investoren aus Nordamerika (26,1 %) und Europa (22,7 %).

Angesichts des immer knapper werdenden Angebots, sind immer mehr Anleger zu Forward-Deals bereit, um sich so Neubauobjekte in einem Marktsegment mit weiterhin dynamischen Miet- und Wertentwicklungsperspektiven zu sichern.

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Investment-Blues aufgrund der Corona-Maßnahmen am Hotelinvestmentmarkt

Der Hotelinvestmentmarkt hat sich erwartungsgemäß auch im zweiten Coronajahr kaum erholt. Allerdings hat er im Schlussquartal mit einem Volumen von rund 1 Mrd. € erneut an Fahrt aufgenommen, sodass sich die Bilanz für 2021 auf knapp 2,5 Mrd. € belief und damit 23,8 % besser ausfiel als im Vorjahr. Insgesamt wurden 56 Einzeltransaktionen mit einem Volumen von 1,8 Mrd. € registriert. Auf das Portfoliosegment entfielen weitere acht Transaktionen mit einem Gesamtvolumen von 664 Mio. €.

Während die Renditen in der Stadthotellerie sanken, erwies sich die Freizeithotellerie während der Coronapandemie als widerstandsfähig. Dabei kam es zu einer Verschiebung der Anlagepräferenzen. Angesichts eines Rückgangs des mittleren Zimmererlöses (RevPar) um 67,6 % auf 23,76 € in den Big7 bewegt sich das Investoreninteresse für Business-Hotels auf einem historisch geringen Niveau. Generell ist es zurzeit sehr schwierig, neue Projektideen zu platzieren, da sowohl Banken als auch institutionelle Investoren sehr zurückhaltend agieren. Besonders stark betroffen ist die Business-Hotellerie. Leisure bietet Chancen, erfordert jedoch bei der konsequenten Umsetzung eine hohe Auseinandersetzung mit dem Standort und der Zielgruppe. Ein weiterer Schwerpunkt des Investmentgeschehens richtet sich zudem auf mögliche Umnutzungen von Projekten oder älteren Hotelobjekten.

Am Pricing hat sich derweil im Hotelsegment mangels Transaktionsgeschehen noch wenig getan. Weder ist es zu größeren Notverkäufen gekommen, noch hat eine Abwertung stattgefunden. Die Hotelspitzenrenditen bewegen sich somit nach wie vor mit 4,0 % auf dem Niveau des Jahres 2019 vor Ausbruch der Pandemie.

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Auf der Suche nach attraktiven Renditen – Alternative Assets

Angesichts immer geringerer Renditen und mit Blick auf vielleicht schon bald wieder ansteigende Zinsen weichen immer mehr Kapitalanleger auf alternative Anlageprodukte wie Serviced-Living-Konzepte (Studentenwohnheime, Mikroapartments, Coliving, Longstay-Konzepte der Hotellerie), den Bereich Healthcare (Pflegeheime, Betreutes Wohnen, Ärztehäuser und Rehakliniken) sowie Rechenzentren aus.

Während Investments in Einzelhandelsimmobilien in den vergangenen beiden Jahren wieder auf das Niveau des Jahres 2013 zurückgefallen sind, kam es bei den Investments in alternative Anlageprodukte nahezu zu einer Verdreifachung des Volumens auf 12,3 Mrd. €. Dabei erwies sich das Healthcare-Segment mit einer Verelffachung des Investmentvolumens auf 4,4 Mrd. € seit dem Jahr 2012 bzw. ein Wachstum auf das 2,4-fache des langjährigen Mittels als besonders erfolgreich.

Aber auch im Wohnsegment werden Wertschöpfungspotenziale immer häufiger jenseits der klassischen Mietwohnung gesucht. Lag das durchschnittliche Transaktionsvolumen für Serviced-Living-Konzepte während der ersten Hälfte der vergangenen Dekade (2012 bis 2016) noch bei etwa 410 Mio. € pro Jahr, stieg das mittlere Anlagevolumen seit dem Jahr 2017 auf durchschnittlich 1,25 Mrd. € pro Jahr.

 

 

Überhaupt war in den vergangenen Jahren nahezu alles gefragt, wo ein „Co“ vor der Assetklasse stand, wie beispielsweise Co-Location, Co-Working oder Co-Living. Auch wenn sich die Begeisterung für das Co-Working-Segment zurzeit in Grenzen hält, steht gerade diesem Segment eine leuchtende Zukunft bevor, da viele Unternehmen moderne Büroflächen zur Umsetzung hybrider Arbeitsplatzmodelle benötigen und dafür entweder interimsweise oder gar ersatzweise auf Flexible Offices zurückgreifen müssen.

Wir stehen folglich vor einer weiteren Ausdifferenzierung des gewerblichen Anlagemarktes. Auf der Suche nach Assets mit noch nicht gehobenen Wertsteigerungspotenzialen tendieren immer Anleger zu Investments in Value-Add und opportunistische Investments. Diese Risikoverschiebung kann entweder innerhalb derselben Assetklasse erfolgen oder aber durch eine weitere Ausdifferenzierung der Assetklassen. So weisen Assets wie Rehakliniken noch Spitzenrenditen von 4,35 % auf, während die mittlere Rendite für Wohnen in den Big7 inzwischen bei 2,05 % liegt.

 

blue decor

Abschließend kann festgehalten werden: Nicht alles ist wieder gut an Deutschlands Immobilien- und Investmentmärkten. Angesichts der Dauer der Pandemie hätte es die Wirtschaft aber auch deutlich schlimmer treffen können. Sollte es nicht zu weiteren unvorhersehbaren massiven Einschnitten kommen, dürfte sich die Lage in vielen Assetklassen bereits ab den Jahren 2023/2024 wieder spürbar verbessern. Es besteht daher kein Grund zu Pessimismus, wohl aber zur Vorsicht.

Short Paper

Nachfolgend können Sie diesen Report in Form eines Short Papers kostenlos downloaden.

Zusammenfassung

Das Jahr 2021 war eines der Extreme, zwischen Hoffen und Bangen, Euphorie und Panik, Rekord und Abschwung. Es war geprägt von tiefgreifenden politischen Ereignissen wie den Sturm auf das Capitol, wissenschaftlichen Sensationen wie der zügigen Entwicklung eines Corona-Impfstoffes, der höchsten Inflation seit dem Jahr 1992 sowie Rekorden am Investmentmarkt.

Sollte man das Immobilienjahr 2021 in wenigen Worten zusammenfassen, dann könnte die Überschrift in etwa so lauten: Wohn- und Logistikinvestments hui, Einzelhandels- und Hotelinvestments pfui und das Bürosegment irgendwo dazwischen. Diese Aussage trifft zwar den groben Trend, wird den tatsächlichen Entwicklungen aber nicht ganz gerecht. So werden am Wohn- und Investmentmarkt ungeachtet der gegenwärtigen Goldgräberstimmung bereits erste Zweifel laut. Angesichts des Booms fehlt es an Produkt, sodass Anleger ihr Risiko erhöhen und auf Nischen wie Serviced Living oder die Last-Mile-Logistik ausweichen müssen. Gleiches trifft für den Einzelhandel und die Hotellerie zu, wo es zu einer weiteren Präferenzverschiebung hin zu Nahversorgern oder der Ferienhotellerie kam. Ganz zu schweigen vom Bürosegment, wo sich unter anderem wegen der Themen ESG und Activity Based Working gerade viel im Hinblick auf das Work Design und die Gestaltung der Büroflächen vieler Unternehmen tut.

Vielleicht ist aber genau dies die Story, welche für das Jahr 2021 charakteristisch ist: die Verschiebung der Grenzen, der Aufbruch zu neuen Horizonten. Dass nicht alles nur schwarz-weiß gesehen werden darf, ist mehr als offensichtlich. Auf einige der Zwischentöne in Abhängigkeit von der jeweiligen Assetklasse geht der vorliegende Rückblick auf das Jahr 2021 ein. 

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Holger Weber Ansprechpartner für Research Image Description

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Holger Weber

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